Gegenwind für Windkraft im Forst

Neue Windkraftprojekte haben es schwer in diesem Landkreis. Was sich wieder einmal auf der Sitzung des Fachausschusses in der Samtgemeinde Gartow zeigte, als Fried Graf von Bernstorff sein Vorhaben, einen Windpark im Forst nahe des Erkundungsbergwerks aufzubauen.

Geht es nach den Plänen von Fried Graf von Bernstorff, so werden sich in einigen Jahren im Forst nahe des (zur Zeit stillgelegten) Erkundungsbergwerks Gorleben 16 Windräder drehen. Doch die Vorstellung seines Projektes am Donnerstag im zuständigen Fachausschuss der Samtgemeinde Gartow brachte viel Gegenwind zu Tage. Dabei kam Kritik und Bedenken von verschiedenen Seiten.

Das Projekt

In Bernstorffs' Forst zwischen Trebel und Gorleben sollen 16 Windkraftanlagen entstehen, die mit einer Nabenhöhe von 159 m pro Jahr 12 Millionen Kilowattstunden liefern werden. Die Anlagen werden im Forst verteilt insgesamt 6 ha in Anspruch nehmen, wobei die Bäume rings um jedes Windrad stehen bleiben werden. Während der Bauzeit müssen Stichwege in den Forst bis zum jeweiligen Standort des einzelnen Windrades gebaut werden, die aber nach Aussagen des von Bernstorffschen Umweltplaners nach dem Bau vollständig zurückgebaut werden sollen. Die Stromableitung erfolgt über unterirdische Kabeltrassen, die an den umliegenden Kreis-, Landes- und Bundesstraßen weitergeführt werden.

Besitzer Fried von Bernstorff sieht die Forstflächen als vorgeschädigt an, da sie einerseits durch den Großbrand im Jahre 1975 aber auch durch einen früheren Brand im 19. Jahrhundert nachhaltig geschädigt worden seien. Auch das Erkundungsbergwerk sowie das Zwischenlager minderten den ökologischen Wert des Forsts in diesem Bereich massiv.

Das Gesamtprojekt ist mit 90 Millionen Euro Investitionsvolumen veranschlagt. Im laufenden Betrieb prognostizieren die Planer für die Samtgemeinde Gartow nach der Abschreibungsphase Gewerbesteuer-Einnahmen von über 300 000 Euro jährlich. Der Windpark soll als Bürgerstiftung geführt werden. Sprich: die Gewinne aus der Windenergie-Produktion bleiben in der Region und werden nicht von einem externen Großinvestor abgeschöpft.

Die Landkreis-Verwaltung

Jürgen Schwarz, in der Kreisverwaltung zuständig für die Entwicklung des neuen regionalen Raumordnungsprogramms (RROP), ist der Ansicht, dass das Projekt aus verschiedenen verwaltungsrechtlichen Gründen nicht umsetzungsfähig sei.

Erstens seien in den aktuell vorliegenden Plänen für das neue RROP die Flächen bei Trebel nicht eingearbeitet worden. Das Beteiligungsverfahren sei inzwischen abgeschlossen. Derzeit würden die über 200 Einwendungen ausgewertet und dann der Entwurf für das RROP dem Kreistag zur Entscheidung vorgelegt. "Allerdings kann es sein, dass aufgrund schwerwiegender Einwendungen das Beteilungsverfahren wieder eröffnet wird," so Schwarz. Dann gäbe es auch eine Möglichkeit für von Bernstorff sein Projekt einzubringen."

Zum anderen, so Schwarz, habe das Land in seinen Vorgaben im Landesraumordnungsprogramm Windkraftanlagen im Wald ausgeschlossen. Nur wenn der Landkreis die Forderung des Landes nach Schaffung "substanziellem" Raum für Windkraftanlagen nicht nachkommen könne und wenn die Windkraftanlagen auf vorgeschädigten Flächen erbaut werden sollen, gäbe es eine Chance für Ausnahmegenehmigungen. "Was eine vorgeschädigte Fläche ist, wird im LROP ausführlich geregelt," so Schwarz. "Dort geht es zum Beispiel um ehemalige Bergbaugelände oder Industrieanlagen. Für den Forst in Trebel sehe ich keine Bedingung, die hier passen würde."

Auch die Anzahl der Flächen, die vom Land für Windkraft gefordert würden, könne der Landkreis liefern, so der Raumplaner. "Nach der Umweltverträglichkeitsprüfung können wir 0,57 % der Gesamtfläche des Landkreises als Vorrangflächen für Windkraft melden. Das reicht aus, um die Vorgabe 'substanziell Raum schaffen' zu erfüllen," zeigte sich Schwarz überzeugt. Lüchow-Dannenbergs Baudezernentin Maria Schaaf unterstützte diese Rechtsmeinung.

Die Bürger

In der Bürgerfragestunde zeigte sich erneut eine grundsätzliche tiefgreifende Ablehnung der Windkraftproduktion. Und Windkraftanlagen im Wald stießen erst recht nicht auf Gegenliebe. Vor allem aus Naturschutzgründen dürfe die Windkraft nicht weiter ausgebaut werden.

"Diese Anlage würde den Wald zerstören, er wäre dann nicht mehr da," vermutete Dr. Thomas Krauß, Mit-Initiator der Schnackenburger Gegenwind-Initiative "Windstärke 10". "Es würde eine riesige Industrieanlage entstehen. Der Wald drum rum ist dann nur noch Kulisse."

Andreas Marquardt, gefiel die "Maßlosigkeit der Windenergieproduzenten nicht. "Der Kreistag hat mit seinen Beschlüssen eine gelungene Schnittmenge zwischen Begrenzung und 'substanziell Raum schaffen' entwickelt," so Marquardt. "Das neue RROP legt Begrenzungen fest. Warum können Sie diese nicht akzeptieren?" so seine Frage an die Planer rund um Fried von Bernstorff. Außerdem sollten sie die Vorschädigung des Waldes nicht als Grund für eine weitere Schädigung nehmen. 

Die Gartower Abgeordneten: Mehrheitlich gestanden die Ausschussmitglieder ein, dass es sich um eine derart komplexe Materie handelt, dass eine schnelle Entscheidung nicht zu erwarten sei. Ausschussvorsitzender Dieter Maurischat wies zudem darauf hin, dass die Samtgemeinde lediglich einen Tendenzbeschluss fassen könne. Ansonsten sei sie gar nicht zuständig, weil es sich um gemeindefreies Gebiet handle.

Theda Kruse (UWG) fragte sich, ob das "verlockende Angebot" von über 300 000 Euro Gewerbesteuer sie nicht in die gleiche Falle locken würde wie die finanziellen Angebote der Atomindustrie nach der Benennung von Gorleben als Endlagerstandort.

Wie geht es weiter?

Ohne die politische Unterstützung von Samtgemeinde und Landkreis wird Fried von Bernstorff sein Vorhaben wohl nicht umsetzen können. Bei seinen Gesprächen mit den Landesministerien sei ihm signalisiert worden, dass es beim Land womöglichen Chancen auf eine Ausnahmegenehmigung gäbe, wenn von Bernstorff eine Unterstützung durch die regionalen Gremien erreichen würde.

Die Gartower Fraktionen (CDU, UWG, SPD, Grüne) werden nun zunächst in ihren Reihen das Thema diskutieren, bevor es dann im nächsten Quartal wieder auf die Tagesordnung des Ausschusses kommt. Dementsprechend lehnte der Ausschuss einen konkreten Beschluss am Donnerstag Abend ab.

Auf die Frage von Samtgemeinde-Bürgermeister Christian Järnecke, wie von Bernstorff mit einem "Nein" umgehen würde, antwortete der Forstbesitzer, dass er dann das Projekt nicht weiter verfolgen würde, da er nichts gegen den Willen der Bürger machen wolle.

Foto / www.windkraft-hohenlimburg.de: Visualisierung einer Waldansicht mit eingebauten Windanlagen.





2017-01-20 ; von Angelika Blank (autor),
in 29494 Trebel, Deutschland

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